Für Gesundheits-Chauvinismus gibt es jedenfalls keinen Grund, …
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Ernstfall Ebola
Gesundheitsminister Hermann Gröhe gibt sich angesichts der Bedrohung durch Ebola ungerührt. “Durch das hervorragende Gesundheitssystem in Deutschland besteht für die Bürgerinnen und Bürger kein Anlass zur Sorge.”
Jenseits des Atlantiks machte der amerikanische Präsident Barack Obama Ebola zur Chefsache. Er versprach 500 Millionen Dollar für Westafrika und ließ die Kontrollen an den heimischen Flughäfen noch einmal verschärfen, nachdem ein erkrankter Liberianer in Dallas zunächst von einem Krankenhaus zurückgewiesen worden war und später eine Krankenschwester mit dem hochgefährlichen Virus angesteckt hatte. Reagieren Briten und Amerikaner hysterisch und die für ihre German angst berüchtigten Deutschen besonnen? Das wäre ja mal was.
Das Mantra der deutschen Gesundheitsbehörden und Politiker war bislang: “Unser Gesundheitssystem ist gegen das Virus gut gerüstet”, Mit Schutzkleidung und unseren ausreichenden Kapazitäten auf Isolierstationen lässt sich eine Ausbreitung des Virus verhindern“ und ansonsten bitte “Keine Panik”.
Immer wieder hat sich das Ebola-Virus anders verhalten als erwartet. Früher galt die Regel, dass extrem tödliche Viren über den Ort des ersten Ausbruchs nicht hinauskommen. Westafrika belegt inzwischen das Gegenteil. Dann hieß es, schuld an der Verbreitung seien nur afrikanische (Un-)Sitten und Gebräuche. Eine sehr kolonialistische Sichtweise, die das Problem mental auf sicherer Distanz hielt und auf eine afrikanische Angelegenheit reduzierte.
Was, wenn der erste Patient nicht gleich vom Flughafen aus seinen Weg in eines der 50 Isolierbetten findet, sondern in ein normales Krankenhaus oder in eine schlichte Hausarztpraxis? Das medizinische Personal an deutschen Krankenhäusern ist an vielen Orten überlastet. Darüber hinaus taten sich die Mediziner lange Zeit schwer damit, die Hygieneregeln einzuhalten, das förderte die Verbreitung antibiotikaresistenter Keime in deutschen Krankenhäusern. Die Erfahrung zeigt, dass Ärzte, Schwestern und Pfleger die angemessenen Prozeduren mitunter vergessen. Das Personal in normalen Krankenhäusern braucht jetzt Auffrischkurse im Umgang mit ansteckenden Patienten.
Eine mögliche Schwachstelle ist der Übergang von der ambulanten Krankenversorgung bei den Hausärzten hin zur stationären Behandlung. Viele deutsche Hausärzte bilden sich regelmäßig fort und werden sich vielleicht sogar schon auf den Fall vorbereitet haben, dass ein Patient mit entsprechender Vorgeschichte
Auf dem Papier ist Deutschland gut gerüstet. Keinesfalls aber ist dadurch schon gesichert, dass in der Praxis alles reibungslos abläuft. Was geschieht eigentlich, wenn die 50 Betten auf den Isolierstationen voll belegt sind? Katastrophenschutz und Gesundheit sind Ländersache, und der neue Ebola-Beauftragte der Bundesregierung, Walter Lindner, koordiniert zurzeit vor allem die Hilfe für Westafrika.
Immer wieder geschieht etwas, was eigentlich nicht hätte vorkommen dürfen. Für Gesundheits-Chauvinismus gibt es jedenfalls keinen Grund. Im Umgang mit dem Ebola-Virus ist etwas weniger Hochmut und etwas mehr Demut angebracht